Halbjahresbilanz der Auktionsriesen: Ein zwiespältiges Ergebnis

2022-08-13 14:47:59 By : Mr. Xing Liu

Das Mercedes-Benz Museum konnte den Flügeltürer des einstigen Entwicklungschefs Uhlenhaut zusammen mit RM Sotheby‘s für 135 Millionen Euro verkaufen. Damit ist der Achtzylinder das teuerste jemals verkaufte Auto.

Das Mercedes-Benz Museum konnte den Flügeltürer des einstigen Entwicklungschefs Uhlenhaut zusammen mit RM Sotheby‘s für 135 Millionen Euro verkaufen. Damit ist der Achtzylinder das teuerste jemals verkaufte Auto.

Berlin Es war eine Kunstmarkt-Saison, die es in jeder Beziehung „in sich“ hatte. Obwohl die wirtschaftlichen Eckdaten keineswegs gut sind. Die Preise explodierten. An den Finanzmärkten schrumpften die Gewinne. An den Börsen setzte sich der Kursrutsch fort. Die Zinsen stiegen auf den höchsten Stand seit den 1970er-Jahren. Aber der westliche Auktionsmarkt boomt, als gäbe es alle diese geopolitischen Rahmenbedingungen nicht. Nur in China gab es deutliche Verluste.

Ein Hauptindiz der Markthausse sind die globalen Auktionsergebnisse von Christie’s, Sotheby’s und Phillips. Sie stiegen in den ersten Monaten des Jahres um 25 Prozent auf 7,4 Milliarden Dollar. An der Spitze dieser Erfolgsrunde stehen die zeitgenössische und die Nachkriegs-Kunst mit 2,5 Milliarden Dollar, dicht gefolgt von den Impressionisten und der Moderne mit 2,4 Milliarden Dollar.

Die Datenbank ArtTactic, die diese erhellenden Zahlen nennt, stellt aber auch fest, dass die Online-Auktionen dieser drei Häuser im selben Zeitraum um 35 Prozent geschrumpft sind. Doch das ist nach der Pandemie-Periode, in der die meisten Versteigerungen online liefen, kaum verwunderlich.

Das globale Interesse an den Kunstauktionen wächst und wächst. Das zeigt sich schon an Sotheby’s Internet-Besuchern: 3,6 Millionen Viewer haben sich allein in die Livestream-Auktionen im Mai eingeschaltet. Sotheby‘s gibt seine Halbjahresbilanz erst im Laufe des August bekannt.

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Hervorzuheben ist, dass der Marktplatz Hongkong im ersten Halbjahr mit einem Verlust von 8,6 Prozent auf den dritten Platz abgesunken ist und New York mit einem Marktanteil von 51,1 Prozent dominiert.

Das extreme Querformat wurde das teuerste je von Phillips versteigerte Werk.

Das extreme Querformat wurde das teuerste je von Phillips versteigerte Werk.

Wie stark der New Yorker Markt ist, zeigte sich auch in der Abendauktion von Phillips am 18. Mai. Sie bescherte dem drittgrößten Haus den bis dato höchsten Umsatz für eine Einzelauktion: 226 Millionen Dollar. Von den 36 Losen brachte Jean-Michel Basquiats Großformat mit einer Teufelsfratze 85 Millionen Dollar. Einlieferer war der japanische Sammler Yusaku Maezawa, der das Gemälde vor sechs Jahren bei Christie‘s für 57,3 Millionen Dollar ersteigert hatte.

Die Stärke des New Yorker Auktionsmarkts wird nicht zuletzt durch die Lockerung der 1980 erlassenen Auktionsregeln begünstigt, die die Pflicht der Auktionshäuser, Garantien und „irrevocable Bids“ dritter Parteien zu kennzeichnen, aufhebt. Selbst Scheingebote, die über dem Reservepreis eines Loses liegen, sind jetzt möglich: eine Entsorgung der Marktransparenz.

Ein Wachstum des chinesischen Kunstmarkts wird durch den Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,6 Prozent, die Null-Covid-Politik und Probleme des Immobilienmarkts gebremst. Gleichwohl konnte sich der innerchinesische Marktführer Poly Auction in dieser Saison mit einer Serie von Jubiläumsauktionen zum zehnjährigen Bestehen noch gut behaupten.

Polys Versteigerungen spielten in Hongkong 127 Millionen US-Dollar ein. Davon entfallen 56,7 Millionen auf eine schlanke Auktion moderner und zeitgenössischer Kunst. Das entspricht dem Gesamterlös einer entsprechenden, von Poly und Phillips im letzten November gemeinsam abgehaltenen Auktion.

Christie’s versteigerte die attraktive Stadtansicht von London aus der Sammlung Anne H. Bass für 75,9 Millionen Dollar.

Christie’s versteigerte die attraktive Stadtansicht von London aus der Sammlung Anne H. Bass für 75,9 Millionen Dollar.

Gleichzeitig mit dem chinesischen Abschwung wächst die Bedeutung des koreanischen Kunstmarkts. Das manifestiert sich in Gastausstellungen von US-Galerien und in den Stützpunkten westlicher Galerien in Seoul: Perrotin, Pace, Thaddäus Ropac und Lehmann Maupin sowie Johann König sind hier bereits etabliert.

Die deutschsprachigen Auktionshäuser können sich nicht beklagen. Die Frühjahrsversteigerungen haben den sechs führenden Firmen einen Gesamterlös von 135 Millionen Euro beschert.

An der Spitze liegt, wie erwartet, Ketterer mit 44 Millionen Euro. Siebenstellige Resultate gab es für Max Liebermann und die Expressionisten Beckmann, Heckel, Nolde und Pechstein. Bei Kornfeld in Bern wurden 60 Millionen Schweizer Franken eingespielt. Jeweils über drei Millionen Franken erzielten hier die heimischen Künstler Ferdinand Hodler und Cuno Amiet.

Nach zweijähriger Covid-Pause wagten sich die Kunstmessen mit abgespecktem Programm und wenigen Highlights zurück aufs Marktparkett. In Basel reichte das Angebot bis zu der 40 Millionen Dollar schweren „Spider”-Bronze von Louise Bourgeois bei Hauser & Wirth; aber die Verkäufe millionenschwerer Exponate hielten sich in Grenzen.

Gleiches gilt für die Neuauflage der Maastrichter Messe, in der die teuersten Werke ein früher De Chirico für 12 Millionen Euro bei Dickinson und eine ähnlich hoch bezifferte „Maria mit Kind und Heiligen“ von Vittore Carpaccio bei Nicholas Hall waren. Ziemlich viel, denn der bisherige Rekordpreis des Venezianers liegt bei 2,8 Millionen Dollar.

Schrieb mit 195 Millionen Dollar inklusive Aufgeld zwar Geschichte, war aber für viele Sammler zu hoch geschätzt.

Schrieb mit 195 Millionen Dollar inklusive Aufgeld zwar Geschichte, war aber für viele Sammler zu hoch geschätzt.

Hauptereignisse sind nicht nur die Auktionsumsätze. Nicht weniger aufschlussreich sind auch Strategien der Auktionshäuser und Galerien. Der viertgrößte Versteigerer Bonhams erwarb im ersten Halbjahr nicht nur Bukowski’s und Bruun Rasmussen, sondern auch die Pariser Etude Cornette de Saint Cyr und die amerikanische Regionalfirma Skinner. Damit sichert sich das Unternehmen den globalen Nachschub im Mittelfeld, das von den „Großen Drei“ in Online-only-Auktionen nicht erschöpfend abgedeckt wird.

Zeitgleich zum russischen Angriff auf die Ukraine enthüllt die New York Times, dass der Mega-Galerist Larry Gagosian beim Aufbau seines Marktimperiums mit russischen Oligarchen zusammengearbeitet habe und enge Kontakte zu dem St. Petersburger Museumsdirektor und Putin-Vertauten Mikhail Pietrowsky unterhalte.

Gagosian kommt auch in die Schlagzeilen, als er mit einem Gebot von 195 Millionen Dollar zum Retter des auf 200 Millionen Dollar angesetzten Warhol-Gemäldes „Shot Sage Blue Marilyn“ von 1964 wurde. Damit hat das Porträt zwar Auktionsgeschichte geschrieben. Doch es war zu hoch geschätzt. Dass sich keiner der auf „Blue Chips“ versessenen Sammler-Milliardäre begeistert hat, spricht Bände.

Ein Blick auf den Altmeister-Markt zeigt, dass es auch hier hohe Bewertungen gibt. Dort sind die 45,4 Millionen Dollar, die im Januar für Sandro Botticellis „Schmerzensmann“ geboten wurden, der höchste Erlös. Mit 241 Millionen Dollar laut ArtTactic ist der Gesamtumsatz für dieses Sammelgebiet bei Christie’s und Sotheby’s jedoch eher mager. Das entspricht der schwachen Materiallage der Saison. Aber es bleibt festzuhalten, dass in dieser Zeit zwei Hochpreise von Museen bewilligt wurden.

Sotheby‘s nahm für das Bildnis beachtliche 45,4 Millionen Dollar ein.

Sotheby‘s nahm für das Bildnis beachtliche 45,4 Millionen Dollar ein.

Im Januar wurde Rembrandts „Standartenträger“ (1636) vom holländischen Staat für 150 Millionen Euro aus der Pariser Rothschild-Sammlung angekauft. Das New Yorker Metropolitan Museum erwarb für 23 Millionen Dollar – dem zweithöchsten Ankaufsbetrag seiner Geschichte – ein dem Renaissance-Bildhauer G.M. Cavalli zugeschriebenes Bronze-Tondo mit Mars, Venus und Vulkan. 2021 war es für 17 Millionen Pfund britischen Museen angeboten worden, aber die Covid-Krise verhinderte den Ankauf.

Wer nicht nur auf die zeitgenössische Kunst blickt, wird von manchem Preis überrascht sein, der andere Sparten betrifft. Die Stärke des Marktes für Impressionisten und Moderne bezeugen im Mai in Christie’s Auktion der Sammlung Anne H. Bass versteigerte Werke: Claude Monets London-Bild „Le Parlement, soleil couchant“ mit 75,9 Millionen Dollar und die Bronze „Petite danseuse de quatorze ans“ von Edgar Degas mit dem Rekordpreis von 41,6 Millionen Dollar.

Ebenfalls in einem Rekordergebnis von 51 Millionen Pfund gipfelten die Gebote für René Magrittes Gemälde „Empire des lumières“ im März bei Sotheby’s, während im selben Monat Franz Marcs restituiertes Ölbild „Füchse“ bei Christie’s den Spitzenpreis von 42,6 Millionen Pfund erzielte.

Auf starke Nachfrage kann sich nach wie vor der Markt für islamische Kunst stützen: 4,8 Millionen Pfund realisierte Sotheby‘s für eine Miniatur-geschmückte Seite des iranischen Epos „Shahnama“ mit preissteigernder Houghton-Provenienz. 2,3 Millionen Pfund konnte Christie‘s einnehmen für einen safawidischen Seidenteppich aus ehemaligem Rothschild-Besitz.

Topzuschläge gab es für Stammeskunst in Frankreich, wo eine Holzmaske der Fang aus dem Gabun in einer Provinzversteigerung 5,3 Millionen Euro einspielte.

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Weit erstaunlicher sind Resultate für weniger traditionelles und lang etabliertes Sammelgut in Auktionen. Zum Beispiel Curt Cobains Gitarre, die im Juni bei Julien’s Auctions in Beverly Hills für 6 Millionen Dollar zugeschlagen wurde. Zum Beispiel die teuerste Kamera aller Zeiten, eine Leica der O-Serie, die im Juni bei „Camera Auctions“ in Wetzlar für 14,4 Millionen Euro unter den Hammer kam.

Das teuerste Auto der Welt wurde am 5. Mai in einer vom Mercedes-Benz Museum in Stuttgart in Kooperation mit Sotheby’s abgehaltenen Auktion ein Mercedes-Benz 300 SLR. Für den Oldtimer bot ein britischer Sammler 135 Millionen Euro.

Mit solchen Superlativen warten „Collectibles“ auf: Trophäen, die den Markt auch in seinen Nebenpfaden beleben, ganz zu schweigen von dem stetig umfangreicher werdenden Auktionsangebot an Luxusobjekten von Armbanduhren bis Handtaschen. Das Erfolgsbild, das der Markt periodisch auch in diesen Bereichen vermittelt, ist ein erwünschter Garant seiner Stabilität.

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