Geschäft des Monats: Teppich Michel, Wilhelmstraße 12 - sensor Magazin - Wiesbaden - Fühle deine Stadt

2022-10-01 15:14:54 By : Mr. zhi chuang yu

Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka.

„Gerade bei einem modernen, sachlichen Wohnstil mit viel Schwarz, Weiß und Chrom ist ein farbiger Orientteppich ja ein echter Hingucker“, meint Thomas Michel, auf die Frage, ob so ein Teppich nicht am besten in eine mit Stilmöbeln eingerichtete Villa passt. Michel muss es wissen: Er ist Inhaber des ältesten Wiesbadener Teppichhauses. Und überzeugt, dass ein Orientteppich zu jeder Einrichtung passen kann. In seinem Geschäft in der Wilhelmstraße präsentiert Michel mit seinem Team Hunderte von Teppichen in allen Größen, Formen und Farben – neben traditionellen Mustern auch moderne Designerstücke. Drei Etagen gilt es zu besichtigen. „Wie viele es sind, das kann ich selbst gar nicht einschätzen“, sagt der weit gereiste Teppichexperte, der auch ein gefragter Gutachter ist. Teppiche als Wertanlage? Das sei heute nicht mehr der Grund, aus dem man tief in die Tasche greift, um sich einen echten handgeknüpften Woll- oder Seidenteppich zu kaufen. Es sei einfach die Freude am schönen Textil, an der wertvollen Handarbeit, an den exotischen Motiven.

Teppiche aus sieben Seidenstraßen-Ländern

Ein Schnäppchen lässt sich hier kaum erwerben, vierstellige Beträge sind die Regel für einen Teppich aus dem Hause Michel. Dafür bekommt man aber auch das gute Gefühl, ein authentisches Stück mit nachgewiesener Herkunft zu erhalten. Augen auf beim Teppichkauf – das gilt besonders für Urlaubsangebote, meint Thomas Michel: „Was Sie auf Reisen bekommen, ist meist das Geld nicht wert.“ Und dann komme auch immer noch die Einfuhr-Umsatzsteuer hinzu, die den Preis noch einmal um ein Fünftel ansteigen lässt. Das ist beim Kauf im Fachgeschäft natürlich nicht der Fall. Thomas Michel hat die sieben Länder, aus denen seine schönen Teppiche kommen, dutzendfach bereist und kennt sich aus wie kein Zweiter. Die Länder liegen an der alten Seidenstraße, auf der im Mittelalter über mehrere tausend Kilometer Waren transportiert wurden. Aber nicht nur Greifbares wie Stoffe und Gewürze, sondern auch Ideen, Erfahrungen und handwerkliches Knowhow verbreitete sich über der Seidenstraße, wie in der ausführlichen Chronik des 1899 gegründeten Hauses Michel zum 100. Geschäftsjubiläum nachzulesen ist.

Kultureller Austausch, Offenheit für Exotik, eine regelrechte Faszination für das Fremde, Andersartige und ein Faible für Orientalisches waren einstmals weit verbreitet – welch Gegensatz zu den heutigen Abschottungs- und Nationalismustendenzen! „In Wiesbaden gab es ja auch mal das Café Orient“, erinnert Thomas Michel an diesen Trend, dem auch seine Vorfahren folgten und ihre opulenten Teppiche teilweise in bis zu fünf Geschäften in der reichen Kurstadt anboten. Im Hotel Nassauer Hof, so die Chronik, hatte man zeitweise ein lebendes Kamel als werblichen Blickfang. Die Herkunftsländer der Teppiche sind auch heute noch die Türkei, die Kaukasusländer, Turkmenistan und Usbekistan, Indien, China, Tibet und Persien. Es gibt die unterschiedlichsten Motive: Tiere und Pflanzen, Schriftzeichen, ganze Panoramen von Gebirgen im Mondlicht oder religiösen Szenerien.

Aber auch neutrale Ornamente, monochrome Farbflächen, geometrische oder florale Muster sind vertreten. Tiefe Rot- und Blautöne, die durch die Art der Wolle oder Seide manchmal fast dreidimensional wirken, machen jeden Teppich zu einem faszinierenden „Bodenkunstwerk“. Thomas Michel bietet auch Service rund um den Teppich. Reparaturen oder Reinigungen zum Beispiel. Und oft dekoriert er thematisch um, präsentiert Teppiche einzelner Regionen. Kleine Möbel und Deko-Objekte bringt er von seinen Reisen ebenfalls mit und verkauft sie. Bei unserem Besuch ist das Schaufenster mit nepalesischen Gebetsfahnen-Girlanden behängt, doch schon bereitet Michel eine Ausstellung zu den Ländern Aserbaidschan und Armenien vor.

Übrigens ist der tief in der Stadtgesellschaft verwurzelte Teppichhändler in Wiesbaden auch noch in einer ganz anderen Funktion bekannt: Er hat die Wiesbaden-Stiftung mitbegründet, die mit vielfältigen Projekten zum Wohl der Stadt beiträgt. Der Leonardo-Award zum Beispiel, das aktuelle Projekt „Stadtteilhistoriker“, „Zoom“, ein Fotowettbewerb für Jugendliche, das Bürgerkolleg, das Interessenten am Ehrenamt mit Wissensvermittlung weiterhilft und noch vieles mehr kommt aus der Ideenschmiede der aktiven Bürger-Stiftung.

Teppich Michel Wilhelmstraße 12 65185 Wiesbaden

Öffnungszeiten: montags bis freitags (1 0 bis 18.30 Uhr), samstags ( 10 bis 16 Uhr)