Neu in Zürich: Hotel Neues Schloss mit dem Restaurant Castellan’s

2022-05-28 02:53:56 By : Ms. Kirs su

Die Stockerstrasse gehörte bisher nicht unbedingt zu den empfehlenswerten Adressen für angesagte Restaurants. Wird man nach Ausgehtipps in Zürich gefragt, rät man eher zu Orten in den Szenekreisen 3, 4 und 5. Weil dort viel Innovation passiert und das Publikum durchmischt ist. Im Enge-Quartier vom Bürkliplatz bis zur Rentenanstalt ist es hingegen ruhig, sobald die Businessmenschen nach dem Afterwork weitergezogen sind. Nun aber wurde mit dem Fünfsternehotel «Neues Schloss Privat Hotel Zürich» und dem dazugehörigen Restaurant «Castellan’s» eine Adresse eröffnet, die man sich für schicke, aber ungezwungene Abende merken sollte.

Wer wegen der Sterneanzahl nun an Protz und eine oft befremdlich wirkende, überkandidelte Höflichkeit denkt, wird vom Gegenteil überrascht. Das neue Luxushaus (übrigens mit 57 Zimmern und Suiten das kleinste in Zürich) zeigt sich bodenständig. Auch der verstaubten Optik und unpersönlichen Check-in/Check-out-Businesshotelatmosphäre seines Vorgängers «Sheraton Zürich Neues Schloss» hat man sich komplett entledigt.

Stattdessen erlebt man hier eine einladende Designwelt, realisiert vom Appenzeller Interior-Design-Büro Carbone Design und angelehnt an den Boutiquehotel-Stil, der sich durch viel Samt, gedeckte Farben und Messing auszeichnet. In den Zimmern dominieren dunkles Eichenholz, weiches Leder, hochwertige Textilien sowie ein auf die Anfangszeit in den 1930ern zurückzuführender Art-Déco-Stil, der mit moderner Verspieltheit kontrastiert. Im konventionellen Design-Fahrwasser verschwindet die Gestaltung aber vor allem wegen der hier ausgestellten Kunstwerke nicht.

Die Kunstkollektion wurde von der Londoner Agentur Double Decker, die sich der Kuratierung von Hotelräumlichkeiten verschrieben hat, in Zusammenarbeit mit dem Museum für Gestaltung erarbeitet. Sie umfasst Werke, die Zürich und seiner künstlerischen Avantgarde Respekt zollen – zum Beispiel vom Dadaismus inspirierte Stücke, grafische Prints von Max Bill und zeitgenössische Skulpturen.

Der geschwungene «Pond Mirror» von Ferm Living im Zwischenraum, der das Hotel mit dem Restaurant verbindet, ist zwar kein Unikat, nötigt aber selbst Selfie-Faule zu einem Spiegelfoto. Geht man ein paar Stufen weiter runter zum Restaurant «Castellan’s», taucht man in einen Ort ein, der sich passend ins farbliche Gesamtbild einfügt und weitere instagrammable Entdeckungen offenbart: Die Idee mit den in der Wand integrierten Vasen (sehr cool!) erinnert an das «Oursin Paris», das einstige Pop-up-Restaurant von Designer Simon Porte Jacquemus und Caviar Kaspia in der Galeries Lafayette, das zu einem Instagram-Hotspot wurde.

Die rustikalen Objekte (etwa ein von Hand geflochtener Wandteppich), glänzende Terrazzo-Steinoberflächen und Feinsteinfliesen in Natursteinoptik bilden eine schöne Kulisse für die «Südeuropa trifft Zürich» inspirierten Gerichte, die in farbenfrohen Schälchen und Tellern serviert werden.

Wir nehmen in der privaten Nische (sehr zu empfehlen!) des Restaurants Platz und beginnen mit hausgemachten, wunderbar sämigen Pilzkroketten, von denen wir im Nachhinein am liebsten noch mehr bestellt hätten. Doch es wartet schon der lauwarme Pulposalat mit getrockneten Tomaten, Favabohnen, Oliven, Kartoffeln und Liebstöckel, der zart und à point zubereitet war. Hier vermisste man lediglich eine süss-saure Komponente wie etwa einen Spritzer Zitrone oder fein filetierte Orangen.

Der gebratene Wolfsbarsch mit Auberginenkaviar und milder roter Mojo-Sauce (genial!) war eine perfekte Kombination, und auch das Lammcarré mit Kräuterkruste, Polenta, Bimi, Romanesco und Jus überzeugte in seiner Ganzheit. Dazu gab es spanischen Cava Brut von der überschaubaren Weinkarte, von der man das ganze Angebot auch glasweise im Offenausschank trinken kann.

Die Kompositionen des 29-jährigen Küchenchefs Yves Nussbaum sind liebevoll angerichtet, durchdacht und keine Überforderung für den Gaumen. Man will sich langsam an die Klassiker der mediterranen Küche herantasten und diese mit lokalen Einflüssen mischen. Und das junge Team bot einen sehr aufmerksamen Service: Einen etwaigen Beziehungsknatsch hätte man in seiner privaten Nische also lieber nicht ausdiskutieren wollen.

Übrigens: Der Namenszusatz «Privat Hotel» bedeutet nicht, dass das Haus nur einen exklusiven Memberzirkel anspricht, sondern vielmehr, dass man sich hier wie zu Hause fühlen soll.

Nach dem Afterwork. Dinner unter Freunden in der separaten Nische.

Art-Déco-Boutique-Hotel-Stil mit coolen Fotomotiven. Kunst spielt eine grosse Rolle. Fragen Sie nach dem «Artwork Collection Booklet», dort sind alle Kunstwerke aufgelistet.

Neues Schloss Privat Hotel Zürich, Stockerstrasse 17, 8002 Zürich.

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