Berberteppich kaufen: So erkennen Sie, ob er hochwertig ist - WELT

2021-11-22 14:39:48 By : Ms. Sibikon Xiamen

D er Trend rund um die marokkanischen Musterteppiche ist keine Entdeckung der Millennial-Generation. Der französische Möbeldesigner Jean-Michel Frank, ein früher Verfechter des minimalistischen Einrichtungsstils, dekorierte sie bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Vorliebe. Auch der Architekt Frank Lloyd Wright hat in den 1950er Jahren im Kaufmannshaus „Fallingwater“ in Pennsylvania Berberteppiche ausgelegt.

Bis in die 2000er Jahre standen sie jedoch im Schatten des wertvolleren Perserteppichs, vielleicht auch des Kelims und des ironisch wiederentdeckten Flokati. Die marokkanischen Teppiche kamen erst wieder in Mode, als die Designerin Jenna Lyons in ihrem Stadthaus in Brooklyn einen zwei Meter breiten, zotteligen, braun-weißen Teppich mit Rautenmuster für das Interior-Design-Magazin „Domino“ ablichten ließ. Es war ein Modell im Beni Ourain-Stil, das nach dem Nomadenstamm aus dem Atlasgebirge in Marokko benannt wurde, der es hergestellt hat. Das Foto ihres Wohnzimmers wurde auf Pinterest zu einem der am häufigsten geteilten Bilder aller Zeiten.

Im Gegensatz zu Perserteppichen können marokkanische Teppiche in verschiedenen Stilrichtungen, die meist nach ihrer Herkunftsregion benannt sind, in wenigen Monaten fertiggestellt werden. Dadurch sind sie schneller und günstiger in der Anschaffung verfügbar. Die Teppiche können im Laufe der Jahre an Wert gewinnen, wenn Sie sie richtig pflegen und in die richtige Qualität investieren. Samira Mahboub ist die Gründerin des Berliner Teppichladens Limala. Sie gehört zu einer Gruppe junger Unternehmer, die die Pflege des marokkanischen Kulturerbes mit den Ansprüchen der Instagram-Käufer verbinden: Nachhaltigkeit, Authentizität und natürlich Fototauglichkeit. Mahbou erklärt, worauf beim Kauf zu achten ist. Und wie Sie lange Freude an Ihrem Teppich haben.

ICONIST: Woran erkenne ich einen hochwertigen Berberteppich?

Samira Mahboub: Natürlich gibt es große Unterschiede in der Qualität und Authentizität der Teppiche. Um dies zu überprüfen, sollten Sie den Teppich zuerst umdrehen und sich genau ansehen, wie er geknüpft ist. Maschinell hergestellte Teppiche sind absolut makellos, alle Reihen sind perfekt geknüpft und die Fransen am Ende des Teppichs sind aufgenäht. Bei handgeknüpften Teppichen können die Knoten auf der Rückseite, die die hohe Qualität des Teppichs ausmachen, unterschiedlich groß sein. Außerdem gilt: Je dichter der Teppich, desto wertvoller ist er. Die Anzahl der Knoten ist ein Indikator für Qualität, Sorgfalt und Arbeitsbelastung.

ICONIST: Wie kann man Original und Kopie unterscheiden?

Mahboub: Die Herstellung eines mittelgroßen Teppichs dauert etwa drei Wochen, bei einem Tagessatz von sieben bis acht Stunden. Ein weiterer wesentlicher Punkt, der die hohe Qualität des Teppichs zeigt, ist das Material, aus dem der Teppich besteht. Gut verarbeitete und gereinigte Schafwolle ist unabdingbar. Maschinen- und massenproduzierte Teppiche verwenden ausschließlich synthetische Fasern aus Kunststoff, zum Beispiel Polyester und Polypropylen. Außerdem sollte der Teppich keine Verfärbungen oder schiefe Verarbeitung aufweisen. In einigen Fällen kann dies vorkommen und wir würden uns dennoch entscheiden, den Teppich als hochwertig einzustufen. Hände sind keine Maschinen und das ist auch gut so. Das Unperfekte macht den Teppich so charmant.

ICONIST: Warum ist es problematisch, die Teppiche immer wieder Berberteppiche zu nennen?

Mahboub: Das Wort „Berber“ ist eigentlich ein kolonialer ausländischer Name und kommt vom griechischen Wort „barbaros“ für barbarisch. Es kennzeichnet die indigene Bevölkerung des Amazonas in Marokko als Barbaren. Trotz des Wiedererkennungswerts bei den Kunden haben wir uns entschieden, den Begriff „Berberteppich“ und das Wort „Berber“ generell abzulehnen. Wir beziehen uns auf die marokkanische Selbstbezeichnung „Amazigh“ für „freier Mann“ und den Plural „Imazighen“. Wir betonen gerne, dass unsere Teppiche Nachhaltigkeit und bewussten Konsum fördern, indem wir in das Prinzip der langsamen Handarbeit investieren.

ICONIST: Welche verschiedenen Stile gibt es?

Mahboub: Azilal-Teppiche sind die beliebtesten Teppiche, auch in unserem Sortiment. Die Grundfarbe dieser Teppiche ist ein "Off-White" mit bunten symmetrischen oder asymmetrischen Amazigh und abstrakten Symbolen. Beni Ourain Teppiche sind ein sehr bekannter Stil, der durch seine minimalistischen Designs besticht. Auch hier ist die Grundfarbe meist das besondere Weiß, die geometrischen Rautenmuster sind oft in Schwarz- oder Brauntönen gestaltet. Boujad-Teppiche sind farbenfroher und haben eingewebte Muster, die sich über die gesamte Oberfläche des Teppichs erstrecken. Boucheroite-Teppiche sind farbenfrohe Teppiche, die vollständig upcycelt werden. Boucheroites werden aus alten Kleidern und Stoffen hergestellt und folgen dem Zero-Waste-Prinzip.

ICONIST: Wie viel darf ein hochwertiger Teppich kosten?

Mahboub: Das Besondere an einem handgefertigten marokkanischen Teppich ist, dass er mit zunehmendem Alter an Wert gewinnt und als kleine Investition betrachtet werden kann. Die besonders hochwertigen Vintage-Teppiche in unserem Sortiment kosten bis zu 1300 Euro. Die Preise für neu angefertigte Teppiche variieren je nach Größe zwischen 500 und 1100 Euro. Bei deutlich günstigeren Teppichen sollte man genauer recherchieren, wie viel Geld bei den Webern selbst bleibt und wie der Teppich hergestellt wurde.

ICONIST: Warum nicht Kopien von Möbelketten kaufen?

Mahboub: Viele Möbelketten produzieren nicht nur große Mengen maschinell gefertigter Teppiche, sondern praktizieren auch kulturelle Aneignung in Bezug auf Muster und Stile der von ihnen hergestellten Teppiche. Wir sehen oft maschinell gefertigte Versionen von Beni Ourain- oder Azilal-Teppichen, die im globalen Norden für wenig Geld und ohne jeglichen kulturellen Bezug den Markt überschwemmen (Anm. der Redaktion: Europa, USA, Teile Asiens). Dies ist aus ethischer, aber auch aus wirtschaftlicher Sicht sehr problematisch. Dies überproduziert und konsumiert zu viel und beraubt die Marokkaner sowohl ihres kulturellen Erbes als auch ihrer wirtschaftlichen Vorteile. Mit dem Kauf von Teppichen aus Limala unterstützen die Kunden jene Gemeinschaften, die sich dem traditionellen Handwerk verschrieben haben und damit auch – wenn wir vorsichtig sagen dürfen – eine globale Verantwortung übernehmen, indem sie sich für Handarbeit und gegen Massenproduktion und Maschinenarbeit entscheiden.

ICONIST: Wie reinigt man einen solchen Teppich richtig?

Mahboub: Synthetische Reinigungsmittel sollten nicht verwendet werden, da diese die Wolle beschädigen können. Sie können den Teppich guten Gewissens absaugen oder kleine Teppichfusseln, die sich im Laufe der Zeit bilden können, mit einer geeigneten Teppichbürste entfernen. Bei Flecken empfehlen wir, mit einem kleinen, in lauwarmes Wasser getauchten Schwamm die verschmutzte Stelle mit etwas Naturseife vorsichtig zu bearbeiten. Dabei ist darauf zu achten, dass nicht vom gefärbten Teil der Wolle in den weißen Teil gewischt wird, da sonst Verfärbungsgefahr besteht. Die Teppiche lieben die Sonne. Wenn Vintage-Teppiche schlecht riechen, was in der Regel nicht der Fall ist, können sie gut belüftet und problemlos mehrere Stunden in der Sonne belassen werden. Wenn der Geruch immer noch nicht verschwunden ist, können Sie den Teppich professionell reinigen lassen, denn ohne Fachkenntnisse zu einem Vintage-Teppich zu gehen, kann gefährlich sein.

ICONIST: Wie findet man die richtige Teppichgröße?

Mahboub: Wir empfehlen mittelgroße Teppiche für Wohn- und Schlafzimmer, also etwa zwei bis 2,50 Meter lang und 1,40 bis 1,60 Meter breit. Generell sollte darauf geachtet werden, dass die Teppichgröße so gewählt wird, dass der Teppich effektiv im Raum liegen kann, diesen aber auch nicht dominiert. Teppichläufer empfehlen sich für Flure und Flure, können aber auch in bestimmten Ecken im Wohn- oder Schlafzimmer den Raum aufwerten. Natürlich können sowohl die Küche als auch das Bad mit Teppichen dekoriert werden. Dafür eignen sich besonders die Upcycling-Boucheroit-Teppiche.

ICONIST: Vintage oder Neu, was ist besser?

Mahboub: Vintage-Teppiche sind in der Regel eine teurere Anschaffung. Es ist eine Herausforderung, sehr gut erhaltene zu finden. Sie bestechen durch ihre alten Muster und sind garantiert einzigartig. Es ist nicht möglich, einen Vintage-Teppich zu duplizieren; In den meisten Fällen lässt sich ein neu gemachter Teppich problemlos ein zweites Mal knüpfen. Vintage-Teppiche können sehr speziell sein und deutliche Gebrauchsspuren aufweisen. Die Wolle neuer Teppiche ist weicher als die der alten Teppiche, aber sie lassen sich genauso gut knüpfen. Es gibt keine Entscheidung, was besser ist. Das bleibt wie so oft Geschmackssache.

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